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Wie alles begann: Der Brunnen

In Unguwar Najude existiert seit den 80er-Jahren eine kleine anglikanische Kirche, die dem Bistum Wusasa mit Sitz in Zaria untersteht. 1992 stattete der damals in Zaria tätige englische Pfarrer Rodger Petch dieser Kirche einen Besuch ab und musste dabei feststellen, dass die Versorgung mit frischem Trinkwasser für die Dorfbewohner ein grosses Problem darstellte. Mr Petch beauftrage deshalb die Baufirma des in Zaria wohnhaften Schweizers Ernst Hügli mit dem Bau eines Pumpbrunnens in Unguwar Najude, welcher bis heute in Betrieb ist und das ganze Dorf mit Wasser versorgt. Finanziert wurde das Projekt von einer anglikanischen Kirchgemeinde in England.


Rotary Club und Herr Dr. Dieter H. Ambros

Während der Bauarbeiten wurde Ernst Hügli vom einzigen Englisch sprechenden Dorfbewohner darauf aufmerksam gemacht, dass im Dorf auch dringend eine Schule benötigt werde. Die Kinder in dieser Region hatten damals keinen Zugang zu einer schulischen Grundbildung. Ernst Hügli gelangte daraufhin an den Rotary Club Samaru in Zaria, der bereit war, die Koordination des Projektes vor Ort zu übernehmen, dem es aber an den nötigen Geldmitteln für den Aufbau einer Schule fehlte. Schliesslich gelang es Ernst Hügli, den Rotary Club Zürich zu einer finanziellen Unterstützung zu bewegen, worauf 1999 das erste Schulgebäude mit zwei Klassenzimmern errichtet wurde und im September 2000 der Schulbetrieb aufgenommen werden konnte. Nachdem 2001 das zweite Schulgebäude mit zwei weiteren Klassenzimmern ebenfalls mit der finanziellen Unterstützung des Rotary Clubs Zürich errichtet worden war, stellte dieser gemäss seinen Richtlinien die Unterstützung ein.

2001 besuchte eine Delegation des deutschen Rotary Clubs Distrikt 1860 auf ihrer Nigeriareise unter anderem auch die Najude Pioneer School, deren Konzept den ebenfalls mitreisenden Dr. Dieter H. Ambros besonders überzeugte. Obwohl er seinen eigenen Rotary Club nicht zu einer Unterstützung bewegen konnte, ermöglichte er durch persönliche Spenden bis 2004 den Betrieb der Schule und blieb noch für drei weitere Jahre einer der wichtigsten Unterstützer der NPS.


Startschwierigkeiten

In der Anfangsphase des Projektes kam es zu Schwierigkeiten mit den Lehrern, welche sich im abgelegenen Dorf allein gelassen fühlten. Sie erschienen deshalb regelmässig verspätet oder gar nicht zur Arbeit, so dass der Unterricht praktisch zum Erliegen gekommen war. Aber auch die Schüler selbst kamen häufig nicht zum Unterricht. Während der Regenzeit kamen sie gar nicht mehr, da sie ihren Eltern bei der Feldarbeit helfen mussten. Diese erkannten damals die Wichtigkeit einer guten schulischen Bildung noch nicht so klar wie heute. Nachdem sich die Situation auch durch den Einsatz eines Supervisors aus Zaria nicht verbessert hatte, war zeitweise sogar unklar, ob das Projekt überhaupt weitergeführt werden sollte.


Zwei spannende Jahre in Nigeria

2003 lernte Ernst Hügli dann Andreas Frey kennen, der mit seiner Tochter das Gymnasium besucht hatte. Dieser erklärte sich bereit, nach seiner Matura dem Projekt vor Ort wieder neuen Schwung zu verleihen. Von September 2003 bis September 2005 war er als Koordinator und Lehrer an der Najude Pioneer School tätig. In dieser Zeit lernte er durch die Erfahrung vor Ort die Herausforderungen der Lehrer kennen und konnte deren Sicht der Dinge in seine Planung integrieren. So bildete sich ein motiviertes Lehrerteam, welches seither durch seine herausragende Arbeit den grössten Anteil am Erfolg der Najude Pioneer School trägt.

Andreas lernte auch die Sprache der lokalen Bevölkerung und überzeugte die Eltern in vielen PTA-meetings und persönlichen Gesprächen, ihre Kinder auch während der Regenzeit zur Schule zu schicken. Ausserdem nahm er Kontakt mit dem Imam des Nachbardorfes Kuya auf und signalisierte den muslimischen Hausa und Fulani, dass die Schule auch ihren Kindern offen steht. Auf seine Initiative hin wurden die Schüler in den ersten drei Primarklassen erstmals in ihrer Muttersprache Hausa unterrichet und lernten auch in Hausa zu schreiben und zu lesen, während zuvor von Anfang an in Englisch unterrichtet wurde. Nach zweijähriger geduldiger und steter Arbeit begannen sich diese Bemühungen auf der Lehrer- und Schülerseite langsam auszuzahlen, und die Situation verbesserte sich. Durch den Einsatz von Andreas Frey nahm das Projekt an Fahrt auf und war bald nicht mehr zu stoppen: Durch die motivierte Mitarbeit der Lehrer, Schüler und Dorfbewohner ist die Najude Pioneer School zu der Erfolgsgeschichte geworden, die sie heute ist.


Förderverein: Friends of Najude Pioneer School

2004 gründete Andreas zusammen mit Ernst Hügli den Förderverein Friends of Najude Pioneer School. Seither ist er in seiner Funktion als Vereinspräsident für das Fundraising und die Website des Projektes verantwortlich. Als Spender konnten im Laufe der Zeit zahlreiche grössere und kleinere Stiftungen, Firmen, Kirchgemeinden und politische Gemeinden gewonnen werden. Mit ihrer Unterstützung wird die Schule seit 2004 kontinuierlich weiter ausgebaut. Seit 2006 besucht Andreas die NPS einmal jährlich, um die Fortschritte für die Gönner zu dokumentieren und die jeweils anfallenden Bauarbeiten zu koordinieren.

Die Finanzierung der laufenden Kosten wird dagegen von Privatpersonen übernommen, die in grosser Zahl monatliche Daueraufträge eingerichtet haben. Mit ihren Zuwendungen werden hauptsächlich die Lohnkosten finanziert, während die täglichen Schulausgaben mit den Schulgebühren gedeckt werden können. Da der Verein aufgrund seines gemeinnützigen Zwecks steuerbefreit ist, sind alle Zuwendungen abzugsfähig.


Ausbauphase 2013/14

Im Laufe des Jahres 2013 konnte ein noch die dagewesener finanzieller Erfolg erzielt werden: Der Förderverein erhielt von verschiedenen kleineren und grösseren Stiftungen Zuwendungen in der Höhe von insgesamt über CHF 240'000.-. Mit diesen Geldern konnte dann von September 2013 bis März 2014 die bisher grösste Ausbauphase in der Geschichte der Najude Pioneer School finanziert werden. Folgende Teilprojekte wurden in dieser Zeit realisiert:

Friends of NPS- zwei Sekundarschulgebäude mit sechs Klassenzimmern
- Lehrerunterkunft mit fünf Wohnungen
- Schulküche und Restaurant
- Solaranlage für die Versorgung aller Schulgebäude
- Wasserturm und Rohrleitungen zu allen Gebäuden
- Lebensmittelladen und ein Raum für Mahlmaschine
- vier neue Schultoiletten
- 500m lange Mauer um das gesamte Schulareal
- 300m langer Maschendrahtzaun um das Fussballfeld

Die beiden neuen Sekundarschulgebäude beherbergen neben den sechs Klassenzimmern auch ein Chemie- und Physiklabor, einen Schüllerraum, ein Lehrerzimmer und ein Büro für die Schulleitung. Die je drei Klassen der Junior Secondary School (JSS1-3) und der Senior Secondary School (SSS1-3) konnten die zwei neuen Gebäude im April 2014 beziehen. Diese sind räumlich durch die Schulbibliothek von den bisherigen Gebäuden getrennt und so klar als Sekundarschule erkennbar. Die dadurch frei gewordenen Klassenzimmer in den anderen fünf Schulgebäuden, die nun als ebenfalls zusammhängende Einheit die Primarschule der NPS bilden, bieten seither genügend Platz für Parallelklassen auf allen Primarstufen. Dadurch können mehr Kinder an die Schule aufgenommen werden. Mit dem Labor, den zusätzlichen Toiletten und der bereits zuvor errichteten Schulbibliothek erfüllt die NPS auch alle von den nigerianischen Schulbehörden geforderten Bedingungen für den Betrieb einer Sekundarschule. Und mit dem Bau der Schulküche, dem Raum für die Mahlmaschine und dem Lebensmittelladen wurde der Grundstein für die angestrebte Eigenfinanzierung der Schule durch die Revenue Generating Projects (RGPs) gelegt.


Abschied von Rita Muolokwu und Professionalisierung des Schulmanagements

Im Dezember 2013 verabschiedete sich Rita Muolokwu aus persönlichen Gründen von der Schule, nachdem sie der NPS 13 Jahr lang als Lehrerin, Headmistress und Schulleiterin gedient hatte. Rita war für alle Beteiligten die gute Seele des Projektes und hat die Schule in einer Zeit kontinuierlichen Wachstums erfolgreich von der Gründung bis zum Erreichen der ursprünglich geplanten Form und Grösse geführt. Mit ihrem Abschied ging eine Ära zu Ende: Während es in den ersten zehn Jahren des Projektes unter Rita darum ging, die Schule zu etablieren und das ständige Wachstum zu lenken, heisst das Ziel für die folgenden zehn Jahre unter neuer Führung, das Management zu professionalisieren und die Qualität der Schule zu steigern. Die Schulverwaltung muss der neuen Grösse des Projektes gerecht werden, und das vorrangige Ziel ist nun das Erreichen einer möglichst hohen Unterrichtsqualität auf allen Stufen.

Der Rücktritt von Rita Muolokwu war eine grosse Veränderung, aber Veränderungen sind auch immer Chancen. Die Najude Pioneer School hat diese Chance für sich genutzt, um das Schulmanagement von Grund auf neu aufzubauen und die administrativen Abläufe der Schulverwaltung zu professionalisieren. Bei der Eröffnung der Schule im Jahr 2000 gab es 20 Schüler, im Januar 2014 waren es bereits 360. Während Rita zuvor praktisch die gesamte Schule in Personalunion geführt hatte, wurde die Verantwortung nun auf ein Team von Mitarbeitern übertragen. Seither setzt sich die Schulleitung aus folgenden Posten zusammen:

Friends of NPS- Principal (Leiter der Sekundarschule)
- Vice Principal
- Headteacher (Leiter der Primarschule)
- Assistant Headteacher
- HOD (Head of Department) Humanities
- HOD Sciences
- School Bursar (Schatzmeister)
- Examination Officer
- Hostel Mistress
- School Secretary


Alle Mitglieder der Schulleitung sind dabei Lehrer, die neben ihren administrativen und organisatorischen Aufgaben auch weiter selbst unterrichten. Dies hat den Vorteil, dass sie die Bodenhaftung nicht verlieren und mit den Kindern und den anderen Lehrern in Kontakt bleiben und für deren Probleme weiter empfänglich sind. Entscheidend bei dieser Neuorganisation ist die horizontalere Führungsstruktur und die Aufteilung der Verantwortung auf mehrere Mitarbeiter, damit sich die Macht nicht in den Händen einer Person konzentriert. Dass Entscheide fortan im Team gefällt werden, verhindert die Monopolstellung einer Einzelperson und erschwert einen Machtmissbrauch. Die Aufgaben sind klar verteilt: Die Schulleiter der Sekundar- und Primarschule sind für das Management und die Administration zuständig und die head of departments für den akademischen Bereich. Der Schatzmeister sammelt die Schulgebühren ein, verwaltet das Schulkonto und führt die Buchhaltung der Schule. Er macht ausserdem regelmässig Rechnungsprüfungen bei den Revenue Generating Projects und stellt sicher, dass dort keine Gelder veruntreut werden. Der examination officer organisiert die Prüfungen am Ende jedes Trimesters, und die hostel mistress ist zuständig für die Verwaltung des Schülerwohnheims.

Im Rahmen der Ausbauphase von 2013/14 wurde auch erstmals eine Bibliothekarin eingestellt, welche den ganzen Tag verfügbar ist und die Schüler zum Beispiel bei der Benützung der Computerterminals unterstützen kann. Ausserdem wurde eine Mitarbeiterin für den Betrieb des Schulrestaurants und des Schulladens (Kitchen Mistress) und ein Schulabwart (Facility Manager) eingestellt, der sich um den Unterhalt der Gebäude, die elektrischen Installationen, die Wasserleitungen und die Pflanzen und Bäume auf dem Schulareal kümmert. Zusammen bilden sie den "non teaching staff" der Schule, zu dem auch der Krankenpfleger, die Sicherheitsmänner und die Köchinnen im Schülerwohnheim gehören.


Ein Blick in die Zukunft: Konsolidierungsphase und verstärkte Eigenfinanzierung

Mit dem Abschluss der oben erwähnten Ausbauphase 2013/14 wurde das vom Förderverein gesetzte Ziel erreicht, eine vollständige Primar- und Sekundarschule aufzubauen. Damit können die Kinder der lokalen Bevölkerung die gesamte obligatorische Schulzeit (neun Jahre) an der NPS absolvieren und sogar die weiterführende Sekundarschule (Senior Secondary School, weitere drei Jahre) hier besuchen. Nach dem Abschluss der weiterführenden Sekundarschule können sie dann bei Interesse auch direkt an den Aufnahmeprüfungen für Hochschulen teilnehmen. Für 2014/15 ist nun noch der Bau eines weiteren Lehrergebäudes mit fünf Wohnungen und der Ausbau des Schülerwohnheims projektiert, mit dem Bau von zusätzlichen Schulgebäuden ist aber vorerst Schluss. Dem Förderverein ist es wichtig, dass sich das Projekt organisch entwickelt und nicht an den lokalen Bedürfnissen und Voraussetzungen vorbei geplant wird. Deshalb muss die Schule in den folgenden Jahren in einer Art Konsolidierungsphase erst einmal in dieser Form und Grösse ihre Funktionalität und Nachhaltigkeit beweisen. Wenn das Projekt einige Jahre gereift ist, kann die Situation bei Bedarf neu analysiert und über eventuelle weitere Schritte nachgedacht werden.

Vorerst jedoch verlagern sich die Anstrengungen auf das Ziel der verstärkten Eigenfinanzierung der Schule durch die Revenue Generating Projects. Langfristig sollen zusätzlich zu den täglichen Schulausgaben bis zu 50% der Lohnkosten mit den Schulgebühren und den Einnahmen durch die RGPs gedeckt werden können. Die Najude Pioneer School wird also weiterhin auf Spenden angewiesen sein, aber nicht mehr vollständig von diesen abhängen. Einige der RGPs nehmen langsam Fahrt auf, so zum Beispiel der Betrieb der Dresch- und Mahlmaschine, die Schulküche und der Lebensmittelladen. Allerdings befinden sich alle Projekte noch in der Aufbauphase, und es wird wohl noch einige Zeit dauern, bis tatsächlich ein Profit resultiert, der in die Schulkasse einbezahlt werden kann. Für 2014/15 ist der Bau einer professionellen Hühnerfarm und die Eröffnung einer Bäckerei projektiert, mit denen zusätzliche Einnahmen generiert werden können. Ebenfalls 2014 und dann 2015 sollen die nächsten zwei Schritte des Ausbaus der Solaranlage erfolgen, womit die Schulausgaben weiter gesenkt werden können.